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Swift 2 von Ozone

Text, Bilder und Videoclip

von Jürgen Karthe

8.03.2012

 

Allgemein:

Als ich das Päckchen Ozone  Swift 2  in Empfang nahm, offenbarte sich mir bereits ein großer Vorteil dieses Gerätes – die auffällige Leichtigkeit – angegeben mit knapp 4,4 kg ist er im gut verarbeiteten und leichten Packsack sehr rückenschonend zu tragen.
Umso gespannter war ich darauf, mir dieses von den Konstrukteuren mit Stolz bedachte Fluggerät näher anzuschauen.  Die erste Sichtkontrolle ließ mich dann auch staunen.  Das Segel ist toll verarbeitet und birgt keinerlei Kritikpunkte in der Verarbeitung. Alle Nähte sind robust und verzugsfrei geführt. Die Materialien sind schon rein optisch innovativ. Das Obersegel ist aus abriebresistenterem Skytex-Tuch gefertigt. Das Untersegel besteht aus einem membranartig dünn gewebten Tuch der gleichen Firma. Im Profil entspricht das Segel dem des Rush 3. Der Innenaufbau des Segels ist aufwendig, aber ebenfalls leicht. Die Eintrittskante ist mit Stäbchen verstärkt, welche in ihrer Beschaffenheit recht knickstabil sind. Sie sind fest eingenäht. An der Hinterkante sind die sogenannten Miniribs vorhanden, wie schon beim Rush 3 gesehen. Die Segelstreckung ist mit 5,5 im ausgelegten Zustand moderat. Das Segel befindet sich in einem speziellen Schlauchsack, der ein knickfreies Verstauen einfach macht. Auch dieser Innenpacksack ist sehr leicht und durch Netzgewebe atmungsaktiv gestaltet, ferner mit Klickverschlüssen versehen, damit kein Material im Reißverschluss Schaden nehmen kann.
Die Stammleinen sind robust und auf den Ebenen verschiedenfarbig ummantelt. Das Hybrid-Dreileinen-Konzept endet unter der Kappe mit feinsten unummantelten Leinen.  Wie schon im Test  des Rush beschrieben sind die Leinen hochwertig anmutend, benötigen jedoch Aufmerksamkeit beim Sortieren, da diese sehr feinen Leinen gern einmal Ästchen einbinden und sich leicht in kleinste Öffnungen einhaken. Eine Schlingenbildung habe ich nicht beobachtet, jedoch sollte hierauf ebenfalls achtgegeben werden.
Die 12 mm breiten Gurtbänder sind aufgrund ihrer Flexibilität im Material  leicht verdrehungsfreudig und bedürfen des Piloten Aufmerksamkeit beim Einhängen in die Karabiner. Insbesondere die mittels Druckknopf befestigte Bremsschlaufe (durch ihr höheres Gewicht) führt zu einem leichten Verdrehen in der D-Ebene und bedarf der besonderen  Aufmerksamkeit. Eine Magnetbefestigung wäre zum besseren Handling wünschenswert. Die Umlenkrollen des Beschleunigers sind hochwertig und kugelgelagert.
Die genannten Kritikpunkte stören in der Praxis nicht. Alles ist gut zu beherrschen, überschaubar und überfordert den sorgfältigen und versierten Piloten nicht.

Testbedingungen:

Ich hatte das große Glück, den Swift 2 im Februar, bei belebter und thermischer Luft auf Teneriffa testen zu dürfen. Die Bedingungen reichten vom laminaren Hangsoaring  bis zu Thermikflügen mit Steigwerten um die 4 m/s - integriertes Steigen.

Start:

Eine wirkliche Innovation beim Swift 2 ist das markant gute und sehr einfache Startverhalten.  Hier dürfen die Konstrukteure, Entwickler und Testpiloten wahrlich stolz sein. Die stabilisierte Eintrittskante fängt nahezu jeden Windhauch auf und steht sogleich perfekt, selbst wenn der Schirm „schlampig“ ausgelegt wurde. Beim Aufziehen steht die Eintrittskante kerzengerade, das Segel neigt nicht zu Verwindungen. Zudem lässt sich die Kappe sehr leicht führen und kommt schon allein durch ihr geringes Eigengewicht  leicht über den Piloten. Sie neigt auch bei stärkerem Wind und steilem Gelände nicht zum Vorschießen. Das Startverhalten war bei den unterschiedlichsten Bedingungen neutral und verlangte keine besonderen Eingriffe oder Kniffe.
Im Vergleich zum Rush 3, welcher bei stärkerem Wind und/oder steilerem Geländesehr dynamisch ist und dazu neigt vorzuschießen, verhält sich der Swift 2 sehr neutral und ist sehr gut beherrschbar. Ob dieses nur der leichteren Kappe im Vergleich zum Rush geschuldet ist, können nur die Konstrukteure beantworten. Die Starts sind bei allen getesteten Windbedingungen und Geländen angenehm einfach abgelaufen und dieses Rückwärts wie auch Vorwärts. Stets kommt das Segel moderat steigend über den Piloten und lässt sich wunderbar führen. Selbst bei Nullwindstarts ist das Steigen der Kappe vorbildlich, ein entsprechender Anfangsimpuls vorausgesetzt.
Fazit: volle Punktzahl in Sachen Starts – Vorwärts wie Rückwärts

Fluggefühl:

Der Swift 2 fliegt sich ähnlich wie der Rush 3, kam mir aber im Vergleich seiner Reaktionen auf Bremsinput etwas indirekter rüber. Dieses kann jedoch am geflogenen Gurtzeug gelegen haben (Woody Valley X-Alps), welches tiefer aufgehängt ist und höhere Ansprüche an Gewichtsverlagerungen stellt. Der Flügel ist im Trimmflug um alle Achsen optimal gedämpft. Das Einfliegen in Aufwinde gestaltet sich neutral. Der Flügel gibt jedoch sehr feines Feedback von der Kappe an die Bremsleinen und gedämpft an die Aufhängungen weiter, so dass der Pilot sofort im Bilde ist, was thermisch um ihn herum passiert.
Der Swift 2 vermittelt ein rundum gutes Fluggefühl, so dass der Pilot sich schnell auf das eigentliche Fliegen konzentrieren kann und zumindest zeitweilig das Segel über sich vergisst. Der Schirm ist diesbezüglich ein absolut gelungener Wurf und der Lobgesang von Ozone scheint nicht nur ein Marketinggag zu sein.

Dynamisches Fliegen:

Trotz seiner gedämpften Eigenschaften und der bislang nahezu anfängerfreundlich anmutenden Beschreibung im Normalflug, ist der Swift 2 sportlich ambitionierten und erfahrenen  Piloten vorbehalten und ob seiner markant guten Leistungsdaten auch, oder gerade als sportlicher XC-Schirm empfehlenswert.
Steuerinputs benötigen aufgrund längeren Bremsenleerlaufs einiges an Weg, weshalb ich den Swift 2 zumeist gewickelt geflogen bin. Die Steuerkräfte sind im Mittelbereich und nehmen ab ca. der Mitte des verfügbaren Steuerwegs progressiv und markant zu. Gewickelt und aktiv mit Gewichtsverlagerung geflogen, setzt der Swift Inputs verzögerungsfrei um und lässt sich äußerst präzise fliegen. Hierbei ist er auffällig spurtreu und gräbt nicht. Er lässt sich so auch sehr fein in der Thermik platzieren, da das Segel nur wenig in sich arbeitet, sehr nick-/ und rollstabil ist.
Das Beschleunigen ist einfach und wenig kraftanstrengend, sowie im Weiteren dauerhaft haltbar. Hierbei ist die Kappe stabil und zeigt keine Deformationen (z.B. Eindellen der Eintrittskante). Der Swift 2 baut hierbei die Geschwindigkeit um 15 – 16 km/h aus, ohne markant an Gleitleistung zu verlieren. Das Sinken nahm bei meinen Testflügen nur minimal um 0,2 – 0,5 Meter zu. Das ist ein großartiger Wert und wie schon beim Rush 3 ein Garant für angenehme und weite Streckenflüge.

Abstiegshilfen:

Ohren anlegen:

Der Swift ist in weiten Teilen seiner Tests mit einem –A- bewertet. So aber nicht beim Ohrenanlegen. Hier erhielt er die Bewertung –B, da er die Ohren nicht eigenständig öffnet.
Die Ohren lassen sich mittels des geteilten A-Gurtes leicht anlegen. Nach Freigeben der Gurte  bleiben diese angelegt und lassen sich durch kurzzeitiges Anbremsen des Schirmes verlässlich wieder öffnen. Der Schirm fliegt dabei ruhig, stabil und hält die Spur präzise.
Die Effizienz des Ohrenanlegens unter Betätigen des Beschleunigers liegt mit ca. 3 Meter Sinken im Mittel. Das Manöver ist leicht zu beherrschen. Die Ohren müssen aktiv aufgebremst werden. Ein kurzer Input reicht hierzu.

B-Stall:

Beim B-Stall verhält sich das Segel nach meinen Beobachtungen vorbildlich. Die Einleitung des B-Stalls erfolgt mit mittlerem Kraftaufwand, dabei fällt der Schirm nur leicht, etwa 30°, nach hinten ab. Beim Lösen nimmt der Schirm sofort Fahrt auf und nickt nur moderat nach vorne. Dieses Manöver ist, wie auch beim Rush schon fast empfehlenswert, um schnell, sicher und wenig dynamisch Höhe zu vernichten. Anmerkung: Das Manöver wurde entgegen der jüngsten DHV-Tests nur 10-15 Sekunden durchgeführt. Hierbei war das Segel ruhig und neigte nicht zur Deformation. Deshalb: Bei einer beginnenden Deformation sollte der Flugzustand beendet werden.

Steilspirale:

Der Swift 2 möchte zum Einleiten der Steilspirale schon einen ordentlichen Input, sehr gern mit aktiver Gewichtsverlagerung zur Drehrichtung. Dann nimmt der Schirm nach ca. einem halben Kreis schnell Geschwindigkeit auf und lässt sich im weiteren Verlauf gut im Sinken und der Fliehkraft dosieren. Die Außenseite sollte hierbei mit der Bremse gestützt werden.
Im moderaten Bereich, mit -10/-12 m/s Sinken geflogen, kommt der Swift beim Nachgeben der Bremsen vorbildlich und selbständig aus der Spirale heraus, ohne sich aufzubäumen und nennenswert nachzudrehen. Die Ausleitung gelingt mit einem Kreis, sollte aber zum besseren Dynamikabbau über 2 Kreise erfolgen, da man dann nicht in die eigenen Wirbelschleppen steigt.
Auch dieses Manöver ist mit dem vorausgesetzten Feingefühl einfach zu erfliegen und bedarf keiner Kniffe und Tricks.

Landung:

Der Swift lässt sich einfach landen. Selbst Richtungskorrekturen im Endanflug, welche viele Schirme unkontrolliert aufschaukeln lassen, sind mit dem Swift durchführbar. Das Ausflairen ist vorbildlich. Die Strömung reißt sauber, am Ende des zur Verfügung stehenden Bremsweges ab. Ich habe die Bremse aufgrund des langen Steuerweges (Bremsenvorlauf ca. 10 cm) zumeist einmal gewickelt. Die Landung ist in beiden Fällen perfekt machbar.

Fazit:

Dieser Schirm ist ein „Schmankerl“ und meine Empfehlung an LTF – B – High-Level Piloten, sowie aufgrund des Minimalgewichts für Gleitschirmreisende und Gleitschirmwanderer, sowie für alle Rückengeplagten.
Der Swift 2 ist ein perfekter Wurf der „Neuen Generation“ Gleitschirm. Er ist gut verarbeitet und vereint in sich die derzeit modernsten Technologien im Gleitschirmbau. Mit nicht einmal 4,5 kg Gewicht ist er ein Leichtgewicht, ohne Kompromisse an der Qualität und an der Top-Leistung solcher Schirme.
War der Rush 3 von den bisher getesteten LTF B – Schirmen schon ein echter Wohlfühl-/ und Leistungsflügel, so toppt dieser Swift 2 diese runden Eigenschaften noch mit einem blitzsauberen und denkbar einfachen Startverhalten, was diesem gelungenen Flügel sicherlich zu einem großen Erfolg  verhelfen wird. Zudem sieht der Flügel aufgrund seiner Materialien und der schönen Silouette schon markant schnittig aus und erregte einiges an Piloteninteresse.
Vom versierten und ambitionierten Piloten mit Thermikerfahrung bis zum XC-Piloten sollte dieser Schirm ein sehr weites Pilotenspektrum ansprechen.
Meine Empfehlung: Unbedingt in die engere Wahl einbeziehen!!!

Anmerkung:

In Anlehnung der jüngst durchgeführten Testreihe des DHV zum Verhalten von LTF A und B/B High-Level Schirmen möchte ich die Wichtigkeit solcher Tests anmerken. Jedoch sehe ich solche Tests auch kritisch, führen sie doch auch zu starken Verunsicherungen. So ist es unabdingbar, sich jederzeit kritisch selbst einzuschätzen und den eigenen Stand des Könnens zu hinterfragen. Hierbei zählt Erfahrung und Training, sowie auch technischer Sachverstand und profunde Wetterkunde, um sicher fliegen gehen zu können.
Meine Tests sind dem Wohlgefühl, dem Genuss und meinem Glücksempfinden geschuldet, das ich in Momenten des Freien Fliegens empfinde. Somit sind diese Tests durchaus gewollt subjektiv und geben mein Fluggefühl unter den getesteten Gleitschirmen wieder. Beleuchtet werden auch meine Erfahrungen zu den mir sehr wichtigen Sicherheitsreserven und Abstiegshilfen im Notfall.
Für mich als langjähriger Gleitsegelpilot mit Flachland-/ Schlepp-/Mittelgebirgs-/ und Alpenerfahrung ist ein gut kontrollierbares Startverhalten der wichtigste Aspekt bei einem Gleitschirm.
Hierzu zählt insbesondere  die Einfachheit der Startvorbereitungen, die z.B. durch farblich differenzierte Leinenebenen wesentlich erleichtert werden. Auch die Anbringung der Steuerschlaufen mittels Druckknopf oder Magnet sind für einen Piloten von Belang. So ist das Aufnehmen der Steuerschlaufen von einem Magneten einfacher als ein Zerren am Druckknopf.
Das Leinenmaterial ist ebenfalls ein Kriterium. Dünne Leinen neigen eher dazu, unbemerkte Schlingen zu bilden. Das sollte man wissen und ein versierter Pilot, der das etwas mehr an Leistung eines feingetunten Segels für sich in Anspruch nehmen möchte, wird sich dieser Problematik durchaus bewusst sein und entsprechend sorgfältig zu Werke gehen.
Ein durchaus beachtenswertes Thema ist die Beschaffenheit der nunmehr sehr schmal gehaltenen Gurtbänder. Durch mehrere Tests unterschiedlicher Gleitschirme habe ich festgestellt, dass schmale Gurte durchaus verwindungssteif sein können (etwas dicker). Dieses ist ein großer Vorteil, da sie weniger in sich verdrehen. Bei den getesteten Ozone-Schirmen ist das Gurtband nicht verwindungssteif. Der relativ schwere Bremsgriff führt leicht zu einem Verdrehen des D-Gurtes in sich, vor dem Einhängen in die Karabiner. Dieses kann zum Falscheinhängen und hierdurch zu Verdrehungen im Tragegurt führen.
Anmerkung vom Hersteller: "Immer- mit jedem Schirm – nach dem Einhängen der Karabiner: Den hinteren Tragegurt zwischen Daumen und Zeigefinger am Einhängepunkt aufnehmen und dann nach vorne streifen. Jetzt sofort die Bremse aufnehmen. Nie mehr starten mit verdrehter Bremse!"
Das Hauptkriterium besteht jedoch  für mich in einem durchgängigen, deformationsfreien und spurtreuen Aufsteigen des Segels.  Hierbei muss eine gute Korrigierbarkeit gegeben sein. Das Segel sollte hierbei auch bei stärkeren Windverhältnissen und in steilen Geländen keine nennenswerte Eigendynamik entwickeln und im Scheitelpunkt über die Bremsen gut beherrschbar sein. Es ist sehr nachteilig, wenn ein Flug stressbedingt mit Puls 180 beginnt, oder kurz hintereinander mehrere Startabbrüche die Folge sind. Es ist zudem schwer, bei einem solchen Verhalten Vertrauen zum Equipment zu entwickeln. Die Unfallgefahr steigt um ein Vielfaches.
Daher mein Tipp:
Testet insbesondere die leichte Startbarkeit des Segels bei unterschiedlichen Bedingungen, egal in welcher Schirmkategorie ihr Euch bewegt. Die meisten Unfälle geschehen am Start, oder damit verbundenen Anschlussfehlern (Überziehen in den Sackflug/ Vorschiessen etc.)   Der Start darf Euch zu keiner Zeit erhöhten Stress bereiten und ihr müsst zu allererst ein gutes Gefühl zum Segel aufbauen. Hierzu empfehle ich bei fehlenden Möglichkeiten die Groß-Events und Testival und einen Händler Eures Vertrauens. Geht mit dem Schirm auf die Wiese oder zunächst auf den Übungshang und testet ihn dort an. Gibt es bereits dort Schwierigkeiten mit dem Handling, gebt ihn wieder her und plagt Euch nicht herum.
Eine weitere Möglichkeit, verschiedene Segel zu testen ist z.B. der Tausch mit einem Freund. Dieses praktiziere ich schon mal gern beim Windenschleppen. Zieht doch einfach mal andere Gleitschirme auf und erlebt die Unterschiede.
Am Boden kann man dann mal einen B-Stall probieren, an den Leinen rupfen, den Bremsvorlauf kontrollieren, den Stallpunkt erfahren. Unabdingbares Training für einen Piloten, der versiert ist und neugierig – einem Piloten, der nicht geflogen werden möchte, sondern sein Gerät führt und ein Gespür dafür entwickelt.
Die jüngsten Tests des DHV sind wichtig. Jedoch sollten sie nicht zur Unsicherheit verleiten. Viel wichtiger ist ein geübter Pilot, der sich unter seinem Segel wohl fühlt und dieses weitestgehend beherrscht.

Technische Daten und weitere Infos gibt es auf der Website von Ozone