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Ortler 3905m

Stilfserjoch Nationalpark

Bilder

30.08.2019

Seit meinem letzten Besuch im Jahre 2003, also vor 16 Jahren; hat sich am Ortler einiges geändert. Der Gletscherrückgang macht sich auch hier deutlich bemerkbar. Dennoch sind die Eismassen am Ortler immer noch gewaltig und beeindruckend.

Mit seinen 3905m ist er der höchste Spitz in ganz Tirol und der höchste Berg östlich der Schweizer Grenze und natürlich auch der höchste Berg in Südtirol. Bis zur Annektierung Südtirols durch Italien im Jahre 1919 war er sogar der höchste Berg Österreichs.

Für ParaAlpinisten mit Klettererfahrung und Spaß am kraxln, ist er sicherlich ein attraktives Ziel. Für den anderen Teil ohne Klettererfahrung dürfte der Aufstieg eher zur Tortur werden. Ausgangspunkt ist der Ort Sulden, Ortsteil St. Gertraud im Suldental in Südtirol. Von hier über den Weg Nr.4 durch schönen Nadelwald und später über Moränenrücken und steilen Serpentinen bis zur Tabarettahütte auf 2556m Meereshöhe. Alternative: Mit dem Langensteinlift bis zur Bergstation (2330m). Von hier zu Beginn Richtung Westen dem Weg Nr.10 ein kurzes Stück folgen, dann links dem Weg 4a bis zur Einmündung in Weg Nr. 4. Die Wegersparnis beträgt etwa 400 Höhenmeter und eine 3/4 Stunde Gehzeit.
Von der Tabarettahütte geht ein schöner Weg durch steiles und felsiges Gelände mit hervorragender Aussicht auf die Ortler Nordwand zur Bärenkopf Scharte, über das Tabarettajoch bis zur Payerhütte auf 3029 Metern. Die Payerhütte ist in den Sommermonaten bewirtschaftet und bietet auch gute Übernachtungsmöglichkeiten. Von der Payerhütte führt der Weg in südliche Richtung und nach wenigen Gehminuten ist es mit den schönen Wegen erstmal vorbei. Ab hier beginnt der sog. Felsenweg und es heißt immer wieder klettern. Da bei dieser Tour die gesamte Gletscherausrüstung nicht fehlen darf, bekommt man auch mit leichter Flugausrüstung gut und gerne 15 kg zusammen und das erleichtert die ganze Angelegenheit nicht gerade. Die Kletterei führt unterhalb der Tabarettespitze vorbei und geht ca. 150 Höhenmeter in mehreren Etappen bergab, später dann wieder bergauf. Der Schwierigkeitsgrad dürfte bei max. 2-3 liegen. Der Querung ist größten Teils sehr ausgesetzt, auch oft vereist und erfordert volle Konzentration bei der Auswahl von Tritten und Griffen. Der Fels ist teilweise sehr brüchig und nur wenige Stellen sind mit Seil oder Ketten gesichert. Nach ca. 1 1/2 Stunden und bis dahin kaum gewonnene Höhe geht eine Querung zum sogg. Bärenloch. Diese Querung war vor einigen Jahren noch vergletschert. Mittlerweile ist dieser Teil des Gletschers abgeschmolzen und es führt ein schmaler abschüssiger Weg zum Bärenloch. Der letzte Teil des Weges zum Gletscher hin ist wieder Kletterei mit Ketten und Fixseilen.
Auf dem Gletscher angekommen heißt es nicht nur Steigeisen anziehen. Der Gletscher ist spaltig und Seil und Pickel sind hier obligatorisch. Am oberen Ende des Bärenlochs warten teilweise gewaltige Seracs darauf, irgendwann als Eislawine ins Tal zu donnern.
Auf 3315 Metern trifft man auf das nicht sehr einladende "Ortlerbiwak", einer Biwakschachtel die für 5 Bergsteigern eine Notunterkunft bietet. Ab hier führt der Weg über eine immer steiler werdende Eiswand weiter in Richtung Gipfel. Auf ca. 3600 Metern wird der Anstieg etwas flacher und man erreicht nach weiteren 100 Höhenmetern einen möglichen Startplatz in nördliche Richtung. Die fehlenden knapp 200 Höhenmetern führen über einfaches, mittelsteiles Gletschergelände bis zum Gipfel. Startmöglichkeiten gibt es in Richtung Westen und Südwesten knapp unterhalb des Gipfels, aber auch in Richtung NW kann man hier starten. Vorsicht!!! Es gibt Spalten in diesem Bereich und diese sind teilweise schwer erkennbar.

Ein Hinweis zu den Gefahren: Der Ortler kratzt schon an der 4000er Marke. Da kann man mit allen Gefahren, die das Hochgebirge zu bieten hat, konfrontiert werden. Ein schneller Rückzug bei Schlechtwettereinbruch ist am Ortler so gut wie nicht möglich. Ein Whiteout im Gletscherteil lässt den Orientierungssinn verrückt spielen, verschneite oder vereiste Felsen im Mittelteil sind kaum mehr, oder nur mit aller größter Vorsicht begehbar. Man braucht also genügend hochalpine Erfahrung, sowohl technisch als auch fliegerisch, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Dazu kommt noch ausreichende Kenntnisse in der Wetterkunde.

Das Landen in Sulden ist nicht ganz unproblematisch. Ich habe die "Bergbahnen Sulden" angeschrieben und diese haben mir auf meine Anfrage am 3.09.2019 folgendes geantwortet: " Momentan ist das Paragleiten leider nur „geduldet“, d.h. im Juni vor der Heuernte nicht so gerne gesehen, dafür ab der Heuernte kein Problem mehr und akzeptiert. Diese ist seit ca. Mitte Juli abgeschlossen."
Die Auskunft klingt zwar vielversprechend, ist nach meiner Erfahrung jedoch nicht ganz zuverlässig. Ein Freund von mir hat sich bei seinem Flug vom Ortler 2018 die einzige gemähte Wiese ausgesucht und trotzdem mächtig Probleme mit dem Eigentümer bekommen.

Eine weitere Info gibt es in diesem Video (allerdings in den Wintermonaten aufgenommen). Da berichtet der Autor von einer Landemöglichkeit am Hotel Cevedale. Mehr am Ende des Videos. (Ab 4:44) Ein Versuch ist es wert.
Eine weitere Auskunft, allerdings mündlich aus dem Jahre 2018, von den Bergbahnen Sulden: Man müsse auf dem Heliport landen. Das ist sicher eine Möglichkeit, für einen müden Piloten der ca. 5 Stunden Aufstieg in den Gliedern hat, jedoch eine recht knifflige Angelegenheit.
Schlecht ist in jedem Fall, wenn eine ganze Horde an GS Piloten mehr oder weniger gleichzeitig landet. Wir waren bei unserem Flug 2019 zu dritt und habe das Problem so gelöst, dass zwei nach Schluderns im Vinschgau geflogen sind und einer in Sulden gelandet ist um das Auto mitzunehmen. Nach Schluderns schafft es heute jeder moderne Bergsteigerschirm. Es sind knapp 3000 Höhenmeter und ca. 17 km Luftlinie bis dahin, zumal es auf etwa halber Stecke nochmal eine passable Notlandemöglichkeit gibt, die man auch vom Gipfel aus sehen kann. In Schluderns gibt es ausreichend große Wiesen zum Landen und die Gegend ist auch deutlich unproblematischer.
Fazit: Wichtig ist das Fluggebiet durch angepasstes Verhalten zu schonen. Das kann man durch einholen von Informationen und einem Abgleich vor Ort. Nach dem Landen sofort die Wiesen verlassen und sich einen neutralen Platz zum Zusammenlegen suchen. Kommt es trotzdem zum Ärger mit einem Grundstückseigentümer ist es wichtig sich absolut defensiv zu verhalten.

Ein Video von Wilfried Blaas über unser Ortlertour 2019 ist hier zu finden.

Wichtiger Hinweis zu dieser Tour ist hier nachzulesen

Kurzinfo:

Lage IT, Südtirol, Sulden am Stilfserjoch Nationalpark
Anreise über Reschenpass oder Meran bis nach Prad, weiter Richtung Gomagoi und Sulden
Ausgangspunkt Sulden Ortstei St. Gertraud auf knapp 1900m msl
Stützpunkte Tabarettahütte auf 2556m ubd die Payerhütte auf 3029m Tel +390473613010
Höhenunterschied gesamt 2040 HM, bis zur Payerhütte 1160 HM,
von der Hütte bis zum Gipfel mit Gegenanstiege gut 1000 HM
Startrichtungen SW - N, ideal W - NW
Ausrüstung gesamte Gletscherausrüstung, evtl. auch Klettersteigset
Karten Tabacco Karte Nr. 8 Ortler-Cevedalegebiet 1:25000,
Kompass Wanderkarte Nr. 52 Vinschgau 1:50000,
Freytag und Bernd WKS 6, 1:50000