|   | 
    
   
      
       
       
      Monte Casale 1632m 
        La Montangna con le due facce
         
      
      Text und Bilder von Florian Heigenhauser
  
      28.01.2013 
      Im Herbst zieht es  viele Wanderer, Mountainbiker und Kletterer in die Gardaseeregion – und auch  die Gleitschirmflieger kommen mit der bis Allerheiligen fahrenden Seilbahn auf  den Monte Baldo auf ihre Kosten. Denen, die sich ihren Flug alpinistisch  „erarbeiten“ wollen, sei der Monte Casale,   eine Walk/Climb & Fly–Tour der Premiumklasse wärmstens empfohlen. 
Die absolute Höhe (1632m) ist es nicht, die den  Monte Casale so exklusiv macht. Als wir im Herbst 2006 erstmals auf diesem  grandiosen Berg über dem Valle Sarca standen, waren wir sprachlos ob der  Schönheit des Gipfelplateaus. Man steigt auf der Westseite vom Dorf Comano auf  schönem Steig durch Laubwälder etwa 1000Hm auf – konditionsstarke Radler mit Biss  können auf einer Straße zum Gipfelplateau durchwegs fahren -  und erreicht eine paradiesische, fast ebene  Wiesenfläche mit sensationellem Panorama: Im Norden reicht der Blick über die Felsburgen  der Brenta und den Molvenosee weit nach Südtirol hinein bis zum Schlern, im  Süden glänzt der Gardasee und im Westen reihen sich die Gipfel der  Adamello-Presanella-Gruppe auf. Geht man über die Wiesen bis zum Gipfelkreuz,  stockt einem beim Blick nach Osten der Atem: 1400Hm fällt die Ostwand des  Casale senkrecht ins Sarcatal  
  ab. Durch sie ziehen sich nicht nur etliche  Kletterrouten im oberen Schwierigkeitsbereich, sondern auch die „Via Ferrata  Che Guevara“, einer der längsten Klettersteige der Alpen. Damals schon nahm ich  mir die paraalpine Kombination Ferrata und Flug vor, heuer, im Traumherbst 2011  sollte es gleich beim ersten Versuch klappen. 
  Der Start im Industriegebiet von Pietramurata 3km  südlich von Sarche wirkt bizarr: Zwischen Firmengebäuden hindurch und an einem  Steinbruch entlang windet sich der Pfad bis an den Bergfuß. Die Wildheit der  Wand steht in maximalen Kontrast zum industrialisierten und durch Weinbau  kultivierten Talgrund – und die Klangkulisse des Tales bleibt einem bis in die  Gipfelregion erhalten. Als Paragleiter sollte man sich unbedingt vor der Tour über  die Landemöglichkeiten Klarheit verschaffen. Fast alle Flächen sind durch  Weinbau okkupiert, anderweitig genutzt oder im Gebiet der Marocche  (eiszeitliches Bergsturz-Biotop zwischen Pietramurata und Dro) unlandbar. Ein  paar wenige Bereiche um Pietramurata kommen aber als – inoffizielle -  Landeplätze doch in Frage: Eine dreieckige Wiese südlich des Dorfes am Radweg  in die Marocche oder auch ein großes Brachfeld (Herbst 2011!) links an der  Straße 1,5km in Richtung Dro.  Die  offizielle Variante ist eine Wiese bei Sarche am Südrand des Lago di Toblino,  die auch von den einheimischen Paras und einer ortsansässigen Deltaflugschule  genutzt wird. Unerlässlich ist es, auch hier vorher abzuchecken, da sich die  Landewiese je nach Bewirtschaftung auch mal verschieben kann! Rückweg von hier nach  Pietramurata ca. 30 Gehminuten. Abgesehen von der Länge und dem enormen  Höhenunterschied fordert die Ferrata den versierten Klettersteiggeher nicht bis  zum „letzten Hemd“ (Bewertung K3). Die Route ist sehr sensibel geländeangepasst  angelegt und in den steileren, eindrucksvollen Plattenbereichen mit Seilen und Klammern  durchgehend gesichert. Mit Paraausrüstung auf dem Rücken ist man über  derartigen Komfort aber auch recht froh und meist gerne bereit, die Sicherungen  einzuhängen...  
Die Einstiegspassage erfordert etwas Zugriff. Fühlt  man sich hier wohl, sollte es für den weiteren Verlauf keine Bedenken geben  müssen. Die oberen 300Hm präsentieren sich als ultimativer Traumpfad durch  steilen Bergwald mit netten Klettereinlagen - gerade in Herbstfarben einfach  unbeschreiblich schön - und  
  werden trotzdem noch durch den theatralischen Kontrasteffekt  beim Übertritt aufs Gipfelplateau übertroffen. Eigentlich möchte man beim  heimischen Roten, Käse und Castagne am Rifugio Don Zio (am Rande des  Gipfelplateaus gelegen, geöffnet bis maximal Oktober) ewig sitzen bleiben –  aber für uns als fliegende Zunft kommt es ja noch besser: Die  Hauptstartrichtungen vom Gipfelplateau Richtung SO bis NO lassen sich bei  entsprechender Umsicht und gemäßigter Windstärke gut realisieren. Es gibt für  diese Richtungen schön geneigte Wiesenstücke, die mehr oder weniger bald in die  Vertikale übergehen – ohne aber waghalsige Klippenstarts zu fordern. Starke Ora  (Südwind) und deftiger Tramontana (Nordwind) machen das mit Graten und Kanten  gespickte Gelände im Gipfelbereich turbulent, vor allem der Flug dürfte dann  aber vermutlich zum genussfreien Landeplatzanpeilen mutieren. Die beste Zeit sind  die Monate, in denen sich die thermischen Ausgleichswinde in Grenzen halten. Im  Winter sei vor Begehungsversuchen der Ferrata gewarnt: Fallende Eisbrocken aus  der Gipfelwand können das Unternehmen sehr schnell zum “Vorrücken unter Artilleriebeschuss“  werden lassen.  Ich startete an  Allerheiligen 2011 bei leichtem SSW-Wind vom Kreuz nach SSO und drehte gleich  in die Ostwand ab, da hat man plötzlich schön viel Luft unterm Hintern...und  kann dann je nach persönlichem Geschmack nah an der Wand entlang fliegen.  Einfach gigantisch! Doch bei aller Begeisterung für das Abturnen an der Wand:  Bitte die nötige Resthöhe zum gewählten Landeplatz im Auge behalten, es bleiben  einem sonst nur Weinstöcke und andere Spaßbremsen als alternative Landeflächen. 
  Beim gemütlichen Landebierplausch mit Schülern einer  einheimischen Deltaschule (es wird nördlich oberhalb des Lago di Toblino  gestartet) erfuhr ich dann auch, was ich bereits zum zweiten Mal erleben durfte:  “Ah, Monte Casale, ...si chiama anche la montagna con le due facce“ (...man  nennt ihn auch den Berg mit den zwei Gesichtern).  
Kurzinfo 
  
    | Tour | 
    Monte Casale 1632m: Ferrata  Che Guevara (K3), ca. 1400Hm | 
   
  
    | Lage  | 
    IT, Trentino, Gardaseeberge | 
   
  
    | Schwierigkeit | 
    Der Steig  ist bei Hüsler (siehe unten) mit K3 als mittelschwer bezeichnet. Die Kondition  sollte aber angesichts der 1400Hm und der Länge des Steiges schon gut sein.  Einen eventuellen Abstieg bei ungünstigen Windbedingungen bedenken! | 
   
  
    | Ausganspunkt | 
    Pietramurata 248m, ca. 3km  südlich Sarche, Parkplatz im Industriegebiet beim Steinbruch, Wegbeginn zum  Klettersteig bezeichnet. | 
   
  
    | Start und Flug | 
     Hauptstart NO – SO, leicht-mittel,  SW – NW müssten auch möglich sein, es sind aber sehr, seehr flache Wiesen mit  begrenzenden Bäumen, außerdem muss in diesem Windsektor der Berg dann  eigentlich Richtung Sarcatal durch eine Düse umflogen werden, um zum Auto  zurückzugelangen. Dann eventuell in Commano landen und per Anhalter zurück. Bei  Starkwind lieber auch abwärts wandern oder gleich zum Bergradeln gehen! | 
   
  
    | Landeplätze | 
     wenige, wechselnde Flächen  um Pietramurata (nicht offiziell), unbedingt vorher checken und Erlaubnis  einholen. 
Gleitschirm- und Drachenlandeplatz am Südufer des  Lago di Toblino ca. 5km nördlich Pietramurata bei Sarche, große Wiese. Sie wird  von einheimischen Fliegern und Flugschulen genutzt. Vorsichtshalber aber auch  hier unbedingt den aktuellen Stand abklären. Das Einlanden auf kleinen Flächen  im Kieswerk/Pietramurata direkt unter der Wand ist laut Einheimischen aus  „Kostengründen“ (Strafanzeige) nicht zu empfehlen. | 
   
  
    | Abstieg bei  ungünstigen Flugbedingungen: | 
    a) Vom Gipfel nach Süden zum Buson und extrem steil  durch Wald (Sicherungen) hinunter. Über Forststraßen zum Ausgangspunkt. b) Nach  Norden hinunter (die ersten 150Hm sehr steil und ziemlich spaßfrei) dann auf  Steig bis Pietramurata. Ich hatte das Glück, die Abstiege nicht probieren zu  müssen, aber laut Aussage von Wanderern dürften sie sich mit Schirm schon recht  ziehen. | 
   
  
    | Literatur | 
    Eugen E. Hüsler, Die  Klettersteige der Alpen | 
   
  
    | Karte | 
    Kompass, Nr. 071 oder  besser: Tobacco, Valle del Sarca (1:25000) | 
   
  | 
      |